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Bilingualer Zweig 1, Foto: K. Sauer, E. Gorath, 2022

Der französisch-bilinguale Zweig mit Hinführung zum französischen Baccalauréat

Ab Klassenstufe 5 kann wahlweise Englisch oder Französisch als erste Fremdsprache belegt werden. Fällt die Entscheidung für Französisch, eröffnen sich den Schülern besondere Möglichkeiten. In der 5. und 6. Klassenstufe wird intensiv Französisch unterrichtet, um die Grundlagen für den bilingualen Unterricht zu legen, der in Klassenstufe 7 beginnt (Sachfach „Geschichte bilingual“, ab Klassenstufe 9 auch „Sozialkunde bilingual“).

Am Ende der Klassenstufe 8 fällt die erste Entscheidung, ob sich ein Schüler oder eine Schülerin dafür interessiert, neben dem deutschen Abitur auch das französische Baccalauréat abzulegen. Das Humboldt-Gymnasium war das erste Gymnasium in Thüringen, das diesen hochwertigen Abschluss zum Abitur anbietet. Unsere Schüler wählen verpflichtend im Wahlpflichtfachbereich das Fach "Französische Literatur", um das französische Baccalauréat abzulegen.

In Klassenstufe 10 fällt die zweite Entscheidung bei der Kurswahl auf dem Weg zum Doppelabitur. Begleitet wird diese Ausbildung durch die Möglichkeit des Schüleraustausches mit französischen Schulen. Unser Partner für das AbiBac ist das Lycée Felix Faure in Beauvais in der Picardie.

Begleitend zu Französisch 1. Fremdsprache wird Englisch ab Klasse 5 als zweite Fremdsprache unterrichtet. 

Wir empfehlen Ihnen und ganz besonders Euch unsere allgemeinen Einblicke in das Fach Französisch im Fachbereich Sprachen. Hier gibt es ein Video und etwas zum Hören.

Austausch mit Beauvais im Schuljahr 2022-23

Arbeiten und Genießen auf Deutsch und auf Französisch
Nach zwei Jahren erzwungener Austauschpause haben wir in diesem Schuljahr wieder einen Austausch für die Schüler der 11. Klasse im Kurs Französisch durchführen können. Sie haben in Weimar im Dezember 2022 und Beauvais im März 2023 zusammen mit ihren Corres (correspondants = Austauschschüler) viel an einem gemeinsamen Thema gearbeitet aber auch Momente unter sich genießen können.


Die Schüler, das waren:
Finn, Elsa, Jule, Elise, Pia, Noam, Jessica, Emilio, Johannes, Helene, Karl und Annabell
Ethan, Jonathan, Claire-Anne, Clara, Vincent, Hugo, Jade, Gwenaëlle et Noémia

Die Lehrer, das waren :
Frau Gläser-Stark mit Unterstützung von Frau Gorath
Madame Jung et Monsieur Daviau

Der Austausch stand unter dem Thema: Der Wandel der Medien und dessen Folgen für unsere Demokratie. Kein leichtes Thema, weil es inhaltlich und methodisch sehr vielschichtig ist. Inhaltlich bezieht es verschiedene Themenbereiche ein, die zu erfassen Vorwissen und immer einen gewissen Überblick verlangt. Methodisch setzt der Umgang mit den – neuen – Medien viel Erfahrungvoraus, welche sich zwischen Schülern und Lehrern stark unterscheidet.


Zehn Tage in Weimar
Bei unserem Treffen in Weimar haben wir daher erst einmal geklärt, worin der Wandel besteht und welche Merkmale unsere Demokratie aufweist, die von diesem Wandel beeinflusst sein können bzw. sind. Daher wurde der Schwerpunkt auf die Folgen des Wandels auf das Zusammenleben und die Politik gelegt. Um dies nicht nur theoretisch unter uns zu klären, besuchten wir den Thüringer Landtag und hatten die Möglichkeit in einem Abgeordnetengespräch mit Vertretern aller Thüringer Fraktionen über den Umgang mit Medien zu sprechen. Das war ein sehr eindrückliches Erlebnis insbesondere für unsere französischen Gäste. Sie hatten das erste Mal die Gelegenheit mit politischen Vertretern überhaupt zu sprechen. Darüber hinaus arbeiteten wir einen Tag in Buchenwald. Abgesehen von den grundlegenden Informationen über das Konzentrationslager wurde hier sehr eindrucksvoll deutlich, welche gravierenden, ja schrecklichen Folgen einseitige und falsche Informationen für das Zusammenleben in dieser Zeit ausgelöst haben. Den Abschluss der Auseinandersetzung mit dem Thema Politik, bildete der Besuch im Weimarer Rathaus und das Gespräch mit Oberbürgermeister Kleine.
Aber wir haben in Weimar nicht nur gearbeitet – obwohl die Bedeutung dieses Begriffes auch sehr unterschiedlich gefasst sein kann. Unsere Schüler haben sich den Herausforderungen eines Austausches zuverlässig, flexibel und damit souverän gestellt. Einige von ihnen waren richtig krank. Andere konnten keinen Corres aufnehmen, weil diese (spontan) nicht kommen konnten. Aber das alles war kein Hindernis. Hier gilt ein großer Dank auch all den Familien, die diese zehn Tage mit gemeistert haben!
Aber zurück zur anderen Seite unserer Arbeit: Die Gruppe hat natürlich auch die Weimarer Kultur kennengelernt: Weihnachtsmarkt, Weihnachtskonzerte, Neues Museum und Goethe Museum standen auf dem Programm. Außerdem haben wir ein tolles Projekt mit dem Weimarer Stellwerk durchgeführt: einen Impro-Workshop, der vielen Schülern sehr gut gefallen hat. Denn endlich konnten sie auf Stichworte hin eigene Ideen spontan und ohne viele Regeln in kurze Sketche umwandeln und sich bewegen, sprechen, schreien, lachen, weinen. Kurzum, sie konnten sich einfach mal gehen lassen. Das Publikum hatte ebenfalls große Freude daran. Hier gilt unser großer Dank unserem Förderverein, der uns finanziell unterstützt hat! Einen Ausflug nach Leipzig haben wir auch gemacht, um dort das Zeitgeschichtliches Forum zu besuchen und ein bisschen durch die Stadt zu bummeln.
Drei Monate später sind wir nach Beauvais gefahren. Auch hier waren die Zuverlässigkeit, Flexibilität und Souveränität unserer Schüler gefragt. Lange Zugfahrten, teilweise neue Corres, ein völlig anderer Schulalltag und das Damoklesschwert des Streiks in Frankreich haben sie herausgefordert.


Zehn Tage in Beauvais
Wir wurden freudig in Beauvais empfangen und in den Familien herzlich aufgenommen. Vielen Dank an unsere französischen Gastgeber, die dazu beigetragen haben, dass sich alle sehr wohl gefühlt haben.
Der Schwerpunkt in Beauvais lag auf der Auseinandersetzung mit dem professionellen Journalismus. Die Schüler haben sich mit der Berufsethik von Journalisten beschäftigt und eine Charta für eben diese erstellt. Sie haben verschiedene Zeitungen zu einem konkreten Anlass – der zweite große Streiktag in Frankreich anlässlich der geplanten Rentenreform, was sonst – analysiert und dabei die pluralistische Auseinandersetzung mit einem kontroversen Thema erfahren. Sie hatten die Gelegenheit mit Journalisten zu sprechen: Bei unserem Besuch der Fernsehstudios von France 3 Picardie (vergleichbar mit einem Regionalstudio des MDR) in Amiens gab es einen Einblick in die Arbeitsweise von Fernsehjournalisten. Bei unserem Gespräch mit einem amerikanischen professionellen Fotojournalisten, JB Russell, in Paris (auf Französisch!) erfuhren die Schüler sehr viel über einen wahrscheinlich aussterbenden Beruf. Seine Schilderungen von Notsituationen wie Krieg, Hunger, Dürre und seine Aufgabe dies zu dokumentieren, waren sehr beeindruckend.
Dies alles erarbeiteten die Schüler an langen! Schultagen. Im Französischunterricht wird ihnen von Anfang an erzählt, dass Schule in Frankreich anders ist und unter anderem einfach bis in den frühen Abend hinein geht. Dies persönlich zu erleben, ist dann doch etwas anderes. Selbst für uns Lehrer waren es lange Tage, die immer anspruchsvoll aber eben auch erfüllend waren.
Das Ergebnis unserer thematischen Arbeit bestand in einer Präsentation vor eingeladenen Collégiens aus der Region. Das waren Schüler der 9. Klasse (3e), die sich mit diesem Thema offensichtlich noch nicht beschäftigt hatten. Unsere Schüler haben ikleine humorvolle Sequenzen zum Thema aufgeführt und anschließend mit den Besuchern gesprochen. Das verlief alles auf Französisch – wie die thematische Arbeit in Beauvais auch. Es war eine große Herausforderung. Aber als Ergebnis haben unsere Schüler wahrgenommen, dass sie sich sehr gut auf Französisch ausdrücken können – auch spontan, ohne viele Vorüberlegungen. Das war für mich persönlich der schönste Moment des Austausches.
Natürlich haben wir auch in Beauvais die kulturelle Seite der Region erfahren. Wir haben zwei traditionelle Unternehmen besucht, deren Arbeitsweise auch heute noch alt-handwerklich und damit für uns sehr respektabel ist. Es handelt sich um die Briqueterie (Anfertigen von Tonziegeln bzw. Steinen) und die staatliche Teppichmanufaktur (handangefertigte – unbezahlbare – Teppiche). Selbstverständlich hatten wir historische Führungen durch das Schulgebäude und die Stadt, welche uns unsere deutsche Vergangenheit teils erdrückend vergegenwärtigt haben. Beauvais wurde im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört.
Abgesehen von all der Arbeit hatten unsere Schüler (für einige auch zu wenig) Zeit, um ihren Aufenthalt in Frankreich genießen zu können. Ein Ausflug ans Meer bei Sonne und Wind war großartig. Der Vormittag auf dem Montmartre in Paris und das Picknick am Louvre waren formidabel. Unser gemeinsames abschließendes „Kaffee-Beisammensein“ in der Schule war lustig. Und was die Schüler alles so gemacht haben, wenn wir Lehrer nicht dabei waren, muss von ihnen selbst erfragt werden.


Was bleibt?
Erinnerungen an lustige, winterliche, weihnachtliche, anstrengende, herausfordernde, frühlingshafte, schöne, großartige und bezaubernde Momente. Erfahrungen, dass jeder über sich selbst hinauswachsen kann – Schüler und Lehrer.
Würden wir alles wieder genauso machen?
Unsere Schüler gehen nun weiter ihren Weg – mit dem Abitur, für manche auch mit dem Abibac als nächstes Ziel. Ich hoffe sehr, dass die französische Sprache sie auch danach weiter begleiten wird. Wir Lehrer planen schon den nächsten Austausch – und da werden wir sicher ein paar kleine Änderungen vornehmen. Wir nehmen die Auswertung unserer Schüler ernst und werden versuchen auch die sozialen Medien mit in die Untersuchung der Information und Kommentierung von Ereignissen aufzunehmen. Die Balance zwischen Arbeit und Genießen ist eine schier unmögliche Herausforderung. Ideal ist, wenn es manchmal ineinander verschmilzt.


Judith Gläser-Stark

Hier die Berichte unserer Schüler zu den einzelnen Tagen in Beauvais - auf Französisch.