Veranstaltung zum Weimarer Menschenrechtspreis an unserer Schule

am 09.12.2022

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Veranstaltung zum Weimarer Menschenrechtspreis am 09.12.2023 im MZR, Foto: S. Delpech, Dezember 2023

„Bei Demokratie geht es um die Rechte derer, die du nicht leiden kannst.“

Gespannt und schweigend sitzen wir Elftklässler auf den Stühlen des Mehrzweckraums. Alle Aufmerksamkeit liegt auf Frau Karatch und ihrer weißrussisch-deutschen Übersetzerin.
In der 3./4. Stunde begegneten wir der diesjährigen Trägerin des Weimarer Menschenrechtspreises bei einer Fragerunde.
Die gebürtige Weißrussin stellte uns allerdings die erste Frage. Sie wollte wissen, wie wir Demokratie verstehen. Wir antworteten mit „Chancengleichheit“, „Mitspracherecht für alle“ und „der Möglichkeit, nein zu sagen.“
Nach diesem Einstieg berichtete uns Frau Karatch in ihrer Muttersprache, wie Lukaschenkos autokratisches System in Belarus im Alltag spürbar ist. Sie erzählte: „Zu Hause kannst du dir deinen Arzt nicht aussuchen. In der Schule darfst du nicht bestimmen, wer neben dir sitzt.“ In diesem Zusammenhang fiel auch Frau Karatchs Zitat im Titel.
Außerdem erfuhren wir über die Reduzierung der Rolle der Frau als „emotionales Wesen“. Das sieht man zum Beispiel in der Gesetzeslage, dass es Frauen nur „mit einer frauenärztlichen Bestätigung erlaubt ist, Auto zu fahren“. Jenes frauenärztliche Personal, und so schließt sich der Kreis, darf sich die Frau nicht selbst aussuchen. Auch bestimmte Berufe sind für Frauen verboten.
Ein Gefühl von Schock und Mitleid wurde von einem Schüler mit einer kritischen Frage unterbrochen. Die englische Erkundigung „Why should we care?“ wurde von Frau Karatch lächelnd aufgenommen und ließ uns stocken, führte uns aber zurück zum Thema Demokratieverständnis und Diktatur. Denn auch Diktatur entsteht schleichend: „Es sind Schritte, die man nicht immer erkennt“, formuliert die Referentin selbst.
Wir Elftklässler waren geweckt und erfragten uns den Werdegang Belarus zu einer Diktatur nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.
Die Fragerunde endete auf einer positiven Note. Durch ihre Reisen in andere europäische Länder hat die Preisträgerin ein komplexes Demokratieverständnis entwickelt und setzt sich deshalb mit ihrer Organisation „Nash Dom – unser Haus“ vor allem für Kinderrechte, Frauenrechte und Gleichberechtigung ein. Der Werdegang zur Demokratie, den sie sich für Belarus wünscht, ist ihrer Meinung nach „ein Lernprozess und passiert nicht einfach so“. Aus diesen Worten schöpften wir Elfer Hoffnung.
Die banale Grausamkeit von Lukaschenkos Regime und Frau Karatchs Umgang damit hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
Frau Karatch lebt jetzt in Litauen, weil sie wegen ihrem Aktivismus in Belarus als Staatsfeindin und Terroristin gilt. Sie agiert von dort aus für „Nash Dom“ und die internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit.
Wir danken Frau Karatch und ihrer Übersetzerin für den Besuch an unserer Schule sowie Milena Hohl und Tom Bischoff für die Moderation der Veranstaltung.


Robert Hammerschmidt, Kurs 11K2

veröffentlicht von J. Gläser-Stark am 10.01.2023